Die Salzburger Festspiele

Alljährlich verlagert sich zur Sommerszeit der österreichische Hochkultur-Schwerpunkt an die Salzach. Anlaß zu vielerlei ästhetischen, politischen und historischen Überlegungen.

Zunächst ein kleiner geschichtlicher Abriß:

1. Wie es in Salzburg zu Festspielen kam

Ein "Schlachtenplan" soll ausgearbeitet werden, damit Salzburg und Wien in Sachen Festspiele "Frieden schließen". Das ist keine Meldung über den jüngsten Stand der Verhandlungen der Philharmoniker mit Gerard Mortier, sondern eine Aussendung der Festspielhaus-Gemeinde aus dem Jahr 1924.

Die Auseinandersetzungen zwischen Salzburg und Wien bezüglich der Festspiele begannen früher als die Festspiele selbst. Vieles, was heute in historischen Abhandlungen nachzulesen ist, beschert dem Interessenten ein Déjà-vu-Erlebnis: Schon bald, nachdem die Gründerväter um Hugo von Hofmannsthal und Max Reinhardt den Gedanken geboren hatten, ein Festival zu veranstalten, fühlten sich die Salzburger von den Wienern "vereinnahmt".

Man sei an der Donau, so kommentierten die "Einheimischen" an der Salzach, offenkundig in das "Fahrwasser einer übelwollenden, hochnäsigen und konfliktfreudigen Bürokratie geraten".

Drei Jahre lang hatte man zuvor zu Festspielen geladen. Jeweils ein paar Tage im August dauerte das Spektakel. Der legendäre "Jedermann" von 1920, nur als "Notlösung" gedacht, sollte, typisch österreichisch, zu einem der längsten Provisorien in einem an dauerhaften Provisorien reichen Land werden. Er war der "Startschuß". Der Dichter Hofmannsthal und der Regisseur Reinhardt fungierten als "Geburtshelfer".

Schon 1921 begannen die Auseinandersetzungen um die "Programmhoheit". Die Salzburger avisierten eine "Mozartwoche" unter der künstlerischen Leitung von Bernhard Paumgartner. Richard Strauss schäumte: "Ich habe absolut keine Lust, den Protektor für den Kunstschwindel des Herren Paumgartner abzugeben." Was die Salzburger da in Eigenregie geplant hätten, seien "teils varietéartige, teils total minderwertige Dilettantenveranstaltungen".

Erst 1922 spielte man erstmals Opern bei den Festspielen - Gastspiele der Wiener Staatsoper unter Richard Strauss und Franz Schalk, die Mozarts "Figaro", "Così fan tutte", dem "Don Giovanni" und der "Entführung aus dem Serail" gewidmet waren. Das erste "Philharmonische" war nicht ganz "echt". Der größte Teil des Wiener Orchesters war unter Felix von Weingartners Führung auf Tournee in Südamerika. In Salzburg musizierten 32 Musiker als "Orchester der Wiener Staatsoper" unter Franz Schalk Mozart.

Strauss: "Vereinsmeierei". In Hellbrunn schritt man zur "Grundsteinlegung" für das nicht zuletzt unter der Federführung Alfred Rollers entworfene "Festspielhaus", das dann freilich nie gebaut werden sollte. Von Kontinuität war noch keine Rede: 1923 rettete lediglich Max Reinhardts Entschluß, allen Widrigkeiten zum Trotz Molières "Eingebildeten Kranken" zu spielen, den Festspielgedanken.

1924 wurden die Festspiele überhaupt abgesagt. Kaum begonnen, schien der Traum von den "einmaligen Spielen mit festlichem Charakter", wie ihn sich Hofmannsthal für Salzburg, den "Schnittpunkt der kulturellen Strömungen" imaginiert hatte, schon wieder ausgeträumt.

Salzburg und Wien hatten sich nach fortdauernden Querelen scheinbar endgültig entzweit: In beiden Städten saßen Mitglieder der "Festspielhausgemeinde", und schon damals fühlte man sich in der Festspielstadt von Wien bevormundet. "Kleinliche Vereinsmeierei", murrte Richard Strauss, und legte seine Funktionen zurück. Nach ihm demissionierten alle anderen Mitglieder des Wiener Vereins.

Damit war das erste Kapitel zwar abgeschlossen, es hieß jedoch auch "Bahn frei" für eine Neugründung. Erstmals formuliert man aus diesem Anlaß die These von der "wirtschaftlichen Bedeutung" des Unternehmens: "Niemand gibt sich einem Zweifel darüber hin, daß aus den Einnahmen des Verkehrs nicht nur die unmittelbaren Interessenten, sondern alle Klassen der Bevölkerung Nutzen ziehen", lautet die Aussage eines Landtagsabgeordneten.

Salzburg bewilligt daraufhin eine Subvention von 40 Millionen Kronen, um eine Fortsetzung der Festspiele ab 1925 zu finanzieren. Die Weichen für das hochdotierte, ewig umstrittene Kunstspektakel waren gestellt.

 


2. Fest zwischen künstlerischer Hochblüte und finanzieller Pleite

Die ewiggleichen Querelen zeichnen den Salzburger Festspielsommer seit Anbeginn aus. Wie die Auseinandersetzungen zwischen Wien und Salzburg zieht sich auch die Diskussion um die Rentabilität seit Jahrzehnten hin.

Im Jahre 1922 pilgerte Prominenz, von Erzbischof Rieder über den damaligen Bundespräsidenten Hainisch bis zu Künstlern vom Range Hofmannsthals, Richard Strauss', Helene Thimig und Max Reinhardt nach Hellbrunn, um im dortigen Schloßpark den Grundstein für ein Festspielhaus zu legen, das nie gebaut werden sollte. Erst in unseren Tagen philosophiert man wieder darüber, ob der pittoreske Park nicht das schönste Ambiente für ein "ideales Mozarthaus" abgeben könnte, da man mit "idealen Mozartaufführungen" offenbar nicht mehr aufwarten kann.

Schon im Jahr darauf, 1923, wurde eine Studie angefertigt, die über die Rentabilität eines Theaterneubaus an jenem Platz referieren sollte, an dem heute die beiden Festspielhäuser stehen: Wie die von Edda Fuhrich und Gisela Prossnitz für den Residenzverlag so akribisch gesammelten Daten überliefern, erwartete man damals sogar einen Reingewinn aus Festspielveranstaltungen: 62.000 Kronen errechneten die Wissenschaftler als "Gewinnsumme".

Schon zur nämlichen Zeit argumentierten Politiker allerdings eher mit dem Faktor "Umwegrentabilität". Gewinn machen wollte mit einem Festival erst vierzig Jahre später wieder Herbert von Karajan. Auch seine Nutzenrechnung ging nur im Eröffnungsjahr seines Osterspektakels auf. Seit 1968 schreibt auch dieses rote Zahlen.

Keinen Illusionen gab sich Landeshauptmann Franz Rehrl hin. Er stand der Festspielidee positiv gegenüber und erarbeitete als taktisch geübter Politiker angesichts der Finanzkrise des Jahres 1926 einen Sanierungsplan, der Wunder zu wirken schien. Ohne zusätzliche Mittel aus Steuergeldern zu beanspruchen, gelang es Rehrl, das Festival auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Schon im Jahr darauf allerdings mußte man einsehen, daß ein künstlerisch hochwertiger Spielbetrieb ohne Subventionen nicht aufrechterhalten werden konnte.

Die ersten Schritte des Festivals waren jedoch international dermaßen erfolgreich, daß an ein "Aus" für die Salzburger Festspiele zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu denken war. Längst wurde die Diskussion nicht mehr über das Thema geführt, ob die Öffentlichkeit ein Festival zu fördern hätte, sondern was konkret förderungswürdig sei.

Am Beispiel des Jahres 1926: Die damals neue Oper "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal schien vielen Beobachtern das falsche Objekt: Mit der zeitgenössischen Kunst wolle man nichts zu schaffen haben, argumentierten etliche Kommentatoren, denn das zahlende Publikum begehre "bekannte Kost".

Ähnliche Kommentare sind bis heute - hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand - zu hören. Tatsächlich machten auch erstklassige Interpreten und der als Dirigent hochverehrte Komponist am Pult der Philharmoniker die "Ariadne" nicht zu einem Publikumsmagneten.

Schon 1925 begannen übrigens die notorischen finanziellen Differenzen mit den Wiener Philharmonikern: Man gewährte dem Orchester zusätzlich zur Gage freie Bahnfahrt (dritter Klasse) und freies Quartier, aber auch billigere Tarife in ausgesuchten Gastwirtschaften. Für den Fall einer Ablehnung dieses Angebots drohte Direktor Erwin Kerber mit dem Engagement ausländischer Orchester. Die Philharmoniker akzeptierten. 


3. Die Festspiele werden "politisch" - Der Fall Moissi und die Ära Toscanini

Salzburg sieht sich spätestens Ende der zwanziger Jahre mit der Tatsache konfrontiert, daß seine "Festspiele" ein international relevantes Kulturereignis geworden sind.

Bereits Ende der zwanziger Jahre war man sich bewußt, welcher Stellenwert der sommerlichen Versammlung von Kunstprominenz und Geldadel in der Mozartstadt zukam. Die Ereignisse in Deutschland taten das Ihrige: Dem zunehmenden Terror der Nationalsozialisten sollte die "offene" Kulturpolitik Österreichs entgegengesetzt werden.

Rezensenten aus Amerika und Frankreich verglichen bald Salzburg denn auch bald mit Bayreuth - und zogen im Regelfall Salzburg vor. Die Wagner-Festspiele wären nicht besser als Vorstellungen in anderen Opernhäusern, schrieb die New York Times, Salzburg hingegen verfüge über allererste Künstler und eine große Perspektive.

Zwar war in Bayreuth immerhin ein Dirigent wie Arturo Toscanini beschäftigt, der später in Salzburg Maßstäbe setzten sollte. Aber die politischen Entwicklungen scheinen Beobachter jenseits des deutschen Sprachraums auch in ihren kulturkritischen Maßstäben beeinflußt zu haben.

Hingegen mokierten sich Festspielbesucher aus den USA schon Anfang der dreißiger Jahre über die unverblümten Aussagen nationalsozialistischer Zeitungen in Österreich.

Die Situation sollte sich alsbald zuspitzen. Legendär sind die Schlagzeilen im sogenannten "Fall Moissi", 1931. Der große Schauspieler trug sich mit dem Gedanken, ein Buch zu schreiben, und wollte zu diesem Behufe einer Geburt als Zuschauer beiwohnen. Man gewährte dem Künstler die damals als unsittlich bewertete Gunst. 

Die Zeitungen hetzten gegen den "Juden", der die "Entbindung einer Christin als Schauspiel" betrachte. Erklärungen und Entgegnungen waren die Folge, vor allem aber die eilige Feststellung, daß Moissi tatsächlich "Arier" sei. Dennoch kehrte der erste "Jedermann" (auf unserem Photo zu sehen) nicht mehr zu den Salzburger Festspielen zurück. 

Erster Auftritt Karajans. Der Primarius, der dem Künstler die Freiheit gewährte, hieß übrigens Ernst von Karajan. Dessen Sohn, damals noch Heribert genannt, hatte als 21jähriger bereits ein Konzert des Mozarteumorchesters geleitet und aus diesem Anlaß von Landeshauptmann Rehrl einen Lorbeerkranz erhalten. Dieserart "gekrönt", durfte der junge Karajan 1933 die Bühnenmusik zu Max Reinhardts "Faust"-Inszenierung leiten und kam somit bereits sehr früh zu Festspielehren. Der "Faust" in der vielbeachteten Dekoration, die Clemens Holzmeister in die Felsenreitschule gebaut hatte - sie schrieb als "Faust-Stadt" Geschichte -, war das meistbeachtete Festspielprojekt der ersten Jahre. Ewald Balser, Paula Wessely und Max Pallenberg - in ungewohntem Genre als Mephisto - brillierten in den Hauptrollen.

Gegen Hitlerdeutschland setzt sich Salzburg vor allem mit einer Wagner-Premiere ab: "Tristan und Isolde" unter Bruno Walter. Der Exodus jüdischer Interpreten aus Deutschland beschert den Salzburgern in der Folge einen bemerkenswerten Zustrom erster Künstler, was den Ausfall bestimmter deutscher Kräfte verkraften läßt. Überdies "erbte" man einen Kassenmagneten, der Bayreuth den Rücken zuwandte: Arturo Toscaninis Aufführungen der "Meistersinger", des "Fidelio", des "Falstaff" und der "Zauberflöte" setzten den Festspielen ab 1935 Glanzlichter auf. 

Toscanini hatte in der kurzen, aber mit Feuereifer gestalteten Zeit, die er in Salzburg verbrachte, den Festspielen erstmals den unverwechselbaren Stempel eines beherrschenden Künstlers aufgeprägt. Wer immer damals "auch" dirigiert haben mag, bis heute erzählt man sich von einer "Ära Toscanini". Die Zeitungen waren voll von Vermutungen und Gerüchten, was der Maestro im nächsten Jahr dirigieren wolle, wie er die Festspielleitung unter Druck setze, um seinen Willen in die Tat umzusetzen. Das Star- und Alleinherrscherprinzip war geboren. Es sollte an der Salzach noch fröhliche Urständ feiern. 

 

4.Brave Musik, unbotmäßiges Schauspiel - das Diktat des Nationalsozialismus 

In schwerer Zeit versuchten sich die Salzburger Festspiele zu behaupten. Nach dem "Anschluß", 1938, waren auch künstlerische Belange dem Diktat unterworfen. 

Die Musik hatte es leichter als die Schauspielkunst. Vierter Teil der Serie.   Aus dem kleinen, vom Künstlerkreis um Hugo von Hofmannsthal gegründeten Festival war Ende der 30er Jahre längst ein riesiger Kunstbetrieb geworden. Hatten die ersten Festspiele noch knapp eine Woche gedauert, dehnte sich das immer üppiger werdende Angebot schon seit 1928 über den bis heute üblichen Zeitraum aus - vom 26. Juli über den ganzen August.

Schon Anfang der dreißiger Jahre war der "Wirtschaftsfaktor Festspiele" ein unumstrittener Topos. 1933 berichtet das Wiener Tagblatt von einem Taxifahrer, der imstande war, dank der vielen Fahrten vom und zum Festspielhaus seine Schulden abzutragen. Davon können seine Nachfolger sechzig Jahre später nur träumen. Heutige Chauffeure kommentieren die Entwicklung der Festspiele keineswegs mit Schalmeientönen. Unter den Auspizien der Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre bedeuteten die Festspiele jedoch einen finanziellen Segen, den die Kommentatoren mit einem "Geldschnürlregen" verglichen.

Der Kartenverkauf überschritt die 85-Prozent-Marke. Und spätestens seit der Machtübernahme Hitlers in Deutschland war die Künstlerriege, die, ihrer Möglichkeiten im "Altreich" beraubt, Salzburg als neue Heimat betrachtete, von erlesener Vielfalt. Clemens Krauss, der noch Anfang der dreißiger Jahre - nicht zuletzt mit Schützenhilfe von Richard Strauss - versucht hatte, Konkurrenten wie Bruno Walter aus dem Festspielbezirk zu vertreiben, verschwand bald selbst aus dem Programm. Er arbeitete ab 1933 lieber in Deutschland und kehrte erst nach dem "Anschluß" Österreichs wieder.

Danach hieß die Parole "Kraft durch Freude", die nationalsozialistischen Parteikader griffen heftig in die Spielplangestaltung der Festspiele ein. Selbstredend war es mit der Beteiligung der Publikumsmagneten Toscanini und Bruno Walter zu Ende. Die neuen Dirigenten hießen Böhm und Krauss. Wobei die parteitreuen Kommentatoren konstatierten, daß aus dem musikalischen Programm viele "positive Grundelemente" auch der neuen Ideologie zuzuschlagen seien. 

"Entartete Kunst". Während der früher von Max Reinhardt dominierte Schauspielsektor den Bedürfnissen der "arischen Rasse" gar nicht genügen wollte: Hier mußte "alles neu organisiert" werden. Vor allem der zuvor so hochgerühmte "Faust" in der legendären "Fauststadt" von Clemens Holzmeister war den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge und hatte - aus dieser "neuen" Sicht "vom wahren Faust wenig übergelassen".

Auch der "Jedermann" sollte durch "ein neues Volksschauspiel" ersetzt werden. In die Felsenreitschule zog statt Doktor Faust Egmont ein, der "für die Freiheit seines Volkes kämpfende und sterbende" Held. Und im Festspielhaus wird gezeigt, wie zu beurteilen ist, was vor Jahresfrist noch als künstlerische Höchstleistung bejubelt wurde: Die Ausstellung "Entartete Kunst" ist Teil der Festspiele von 1938.

 

5. Künstlerischer Rang oder politische Zumutbarkeit? 

Salzburgs Festspielgeschichte verzeichnete, angestachelt von den Wirren nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland, einen ersten Höhenflug, der bis heute als verpflichtender Auftrag verstanden wird.

Die Vertreibung und der freiwillige Exodus vieler hervorragender Künstler aus Deutschland nach 1933 bescherte Salzburg einen zuvor nicht gekannten Höhenflug: Toscanini, Bruno Walter und Knappertsbusch dirigierten Seite an Seite die Opernvorstellungen und schufen damit erst die Grundlage für jenes Selbstverständnis, das an der Salzach in Sachen Festspiele bis heute herrscht: Hier versammeln sich die Allergrößten, um der Kunst zu dienen und Projekte zu verwirklichen, die anderswo nicht realisierbar scheinen.

Diese Haltung sollte sich nach 1945 fortsetzen. Heutige Festspielgäste, die von den dreißiger Jahren nicht mehr Rechenschaft ablegen können, kommen regelmäßig ins Schwärmen, wenn von den Festivals der sechziger Jahre die Rede ist: Da dirigierten Karl Böhm und Herbert von Karajan - in den besten Jahren jeweils zwei Produktionen - während junge Talente von Maazel bis Muti, von Mehta bis Dohnányi ihre Chancen bekamen.

Diese Struktur schien "gewachsen" und selbstverständlich. Immerhin konstituierte sich die Salzburger Dirigentenriege gleich nach dem Zusammenbruch Nazi-Deutschlands aus Männern wie Furtwängler, Klemperer, Krips und Fricsay. Nach Furtwänglers Tod übernahm Karajan, dessen Aufstieg der "Vorgänger" mißgünstig verfolgt hatte, die Regentschaft. Auf das Nebeneinander von Namen wie Dimitri Mitropoulos, Karl Böhm, Georg Szell, folgte in den sechziger Jahren die sukzessive Einbindung der jungen Generation. Salzburg war etabliert. Die Festspiele hatten eine Eigendynamik gewonnen, die nicht mehr wegzudiskutieren war.

Schon die Kulturpolitik Hitlerdeutschlands war sich der Möglichkeiten bewußt, die ein solches Festival auch im Hinblick auf das internationale Ansehen eines Staates bot. Selbst in der ärgsten Bedrängnis des vorletzten Kriegsjahres, als der "Totale Krieg" bereits proklamiert war, kam es noch zu einer Aufführung von Bruckners Achter Symphonie unter Furtwängler und der legendären "öffentlichen Generalprobe" von Richard Strauss' vorletzter Oper, "Die Liebe der Danae": die einzige Gelegenheit, bei der Strauss dieses Werk hören konnte. Die Uraufführung erfolgte erst posthum, bei den Festspielen des Jahres 1952, die damit den abgerissenen Faden wieder aufzunehmen trachteten.

Die Einbeziehung von Künstlern wie Furtwängler, Krauss und Böhm, die auch während der "deutschen" Zeit der Festspiele tätig waren, nach 1945 stieß in der Folge auf geharnischte Kritik, sicherte aber in künstlerischer Hinsicht eine Kontinuität, die wesentlich zum Erhalt der Identität des Festivals beitrug. Brücken mußten geschlagen werden: Die Frage nach künstlerischem Rang, nicht die nach politischer "Tragbarkeit" sollte gestellt werden. Für die Kriegsgeneration war das als Antwort auf die restriktive Politik des "Tausendjährigen Reiches" kaum umstritten. Erst die "Nachgeborenen" begannen diese tolerante Sicht der Dinge kritisch zu "beleuchten".

 

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